Ausstellung: Marc Chagall. Von Witebsk nach Paris.
Kunsthaus Apolda Avantgarde, 17. September bis 17. Dezember 2023
Marc Chagall gilt als einer der außergewöhnlichen und eigenwilligsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Seine scheinbar träumerischen Bildmotive, die von schwebenden und fliegenden Menschen, von Hybridwesen zwischen Mensch und Tier und immer wieder von Liebenden bevölkert werden, geben dem Betrachter Rätsel auf und entführen ihn in eine Welt, die jenseits des üblichen Realitätsverständnisses liegt. Chagalls Freude an kräftigen Farbtönen brachte ihm zudem den Ruf als „Großmeister der Farbe“ ein. Aber auch sein bewegtes Leben, das ihn vom russischen Witebsk nach Paris, in die russische Revolution, wieder nach Paris, ins Exil in die USA und schließlich zurück nach Frankreich führte, ließ ihn zu einem wichtigen Vermittler zwischen Osten und Westen, Judentum und Christentum, archaischer und modernistischer Tradition werden.
Geboren wurde er im russischen Witebsk, in einem jüdischen „Schtetl“, das von der chassidischen Tradition geprägt wurde. Doch in Paris fand seine Kunst seine Erfüllung und seine Blüte: In dieser Stadt, die Chagalls große Liebe und Hort seiner Inspiration wurde, reiften seine Visionen heran, die es ihm ermöglichten, sein jüdisches Erbe mit den Formen und der Ausdruckskraft der Moderne zu verbinden. Paris wurde zum Hauptgegenstand seiner späten Lithografien, die zum umfassendsten und bedeutendsten druckgrafischen Werk der Moderne neben Picasso gehören. „Das Land, das die Wurzeln meiner Kunst genährt hat, war Witebsk, aber meine Kunst braucht Paris, wie ein Baum Wasser braucht“, so sagte Marc Chagall, der wie kein anderer Tradition und Moderne miteinander zu verbinden verstand und somit ein kulturübergreifendes und doch höchst persönliches Werk schuf.
Vor allem in seiner zweiten Lebenshälfte gehörte er zu den international anerkanntesten Künstlern und schuf, neben einem umfassenden druckgrafischen Werk, Wandmalereien und spektakuläre Glasfensterarbeiten in aller Welt. So entwarf er unter anderem die Glasfenster am Gebäude der Vereinten Nationen in New York und in der Synagoge im Hadassah Universitätsklinikum Jerusalem sowie das berühmte Deckengemälde in der Pariser Oper.
Chagall selbst hat sich immer gegen Interpretationen als Phantast gewehrt: „Nennt mich einen Phantasten. Im Gegenteil, ich bin Realist. Ich liebe die Erde“, so schrieb er in seiner 1922 entstandenen Autobiografie „Mein Leben“ und äußerte später: „Man spreche also nicht mehr, was mich betrifft, von Zaubermärchen, von dem Phantastischen, von Chagall, dem fliegenden Künstler. Ich bin ein Maler, der unbewusst bewusst ist.“ Für Chagall sind all die fliegenden Wesen, die verdrehten Köpfe, die seltsamen Gestalten und die „Luftmenschen“, die als Personifikationen der poetischen Empfindsamkeit durch sein Werk ziehen, mit konkreten Erinnerungen und Bedeutungen verknüpft, die aus der jiddischen Sprache stammen, aber auch aus seiner Erfahrung als vertriebener und heimatloser Jude im Exil. Dabei dienen die so unwirklich scheinenden Bestandteile seiner Bilder stets einem gestalterischen und berechneten Zweck, wie er selbst betont hat: „Es geht darum, meinem Bild einen geistigen Schock zu versetzen, der immer durch gestalterische Gründe motiviert ist.“ Obwohl Chagall sich als überkonfessioneller Künstler verstand, dem es vor allem um eine modernistisch geprägte Bildsprache ging, war er sich der Bedeutung seiner kulturellen Wurzeln stets bewusst: „Mir scheint aber, wenn ich nicht Jude wäre (mit dem Gehalt, den ich in dieses Wort lege) so wäre ich kein Künstler geworden oder ich wäre ein ganz anderer Künstler.“
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